#034 Schwäbisch Gmünd – Türme & Kirchen
#034 Schwäbisch Gmünd – Türme & Kirchen
Schwäbisch Gmünd, die älteste Stauferstadt, ist die Stadt der Klöster und Kirchen im Remstal. Die vielen Klöster haben der Stadt den Spitznamen „Schwäbisch Nazareth“ eingebracht. Wir erwandern uns die Stadtgeschichte, lernen die Baustile der Romanik, der Gotik und des Barocks kennen, tauchen aber auch in die jüngere Stadtgeschichte ein. Viel Spaß beim Wandern in Schwäbisch Gmünd!
Tour-Info
- Ausdauer 40%
- Abenteuer 60%
- Spaß 80%
- Verpflegung 100%
HINWEIS: Auch wenn es "nur" 9km sind: wir werden eine Vielzahl von Gebäuden, Türmen und Museen besuchen. Für die komplette Tour sollte man einen Tag einplanen!
Was Kinder gefällt
Die Besteigung des Kirchturmes an der Johanniskirche und des Königsturms. Die Parkanlage entlang des Josefsbachs mit dem Wasserspielplatz und die Eisdiele am Marktplatz.
Ideale Witterung
Regen in der Stadt ist nicht schön. Es sollte trocken und nicht zu heiß sein.
Verpflegung
In Gmünd gibt es für jeden Geschmack das passende Restaurant. Mehr dazu unten.
An- & Abreise
Wir parken am Bahnhof und fahren mit dem Stadtbus Linie 5 Zimmern bis zur Haltestelle TG-Platz. Von dort laufen wir zurück zum Bahnhof.
GPX-Datei
Tour 034 "Gmünder Türme & Kirchen"
Eine .gpx-Datei (GPS Exchange Format) ist ein Format zur Speicherung von Geodaten. Diese Datei enthält die Tour-Route und kann in alle gängigen Wander-Apps importiert werden. Ich empfehle die Nutzung von komoot.
Die Tour
Klassische Stadtführungen beginnen in der Nähe des Marktplatzes und beschränken sich auf die Kernstadt innerhalb der Stadtmauer. Da dies ein Wanderblog ist machen wir die Runde etwas Größer und beginnen in der Oststadt. Ab Bahnhof fahren wir mit dem Bus zur Haltestelle TG-Platz (Linie5) und starten dort mit der neueren Geschichte der Stadt, bevor wir den mittelalterlichen Stadtkern durchstreifen um am Bahnhof zu enden.
Bismarckkaserne
Als Napoleon Europa neu sortierte wurde die Freie Reichsstadt Gmünd 1802 Teil Württembergs und die württembergische Regierung errichte sogleich eine Garnision in der Stadt.In den Jahren 1911-14 wurde der erste Teil der Bismarck-Kaserne am damaligen Stadtrand für das X. württembergische Infanterie-Regiment erbaut und in den Jahren 1935-37 wesentlich erweitert.
Die Bismarck-Kaserne 1925
Kalter Krieg
Ab 1951 nutzte die United States Army die weiter als solche benannte Bismarckkaserne. Ab 1964 diente die Kaserne als Hauptquartier des 56. Feldartillerie-Kommandos, welches infolge des NATO-Doppelbeschlusses ab 1983 unter anderem für die Pershing-II-Raketen auf der nahen Mutlanger Heide verantwortlich war. 1991 zogen die US-Truppen ab und das sieben Hektar große Gelände der Bismarckkaserne wurde durch die Stadt erworben.
Das Campusmuseum des heute dort ansässigen Landesgymnasiums für Hochbegabte dokumentiert diese Zeit. Ebenso entsteht dort auf Privatinitiative derzeit das US Cold War Museum. Beide Museen sind derzeit nicht frei besuchbar. Zum US Cold War Museum erscheint demnächst etwas. Es ist aber auf jeden Fall interessant das Gelände zu durchstreifen.
Die Bismarck-Kaserne während der Übung „Big Lift“ im Jahre 1963. Weitere Informationen zu dieser Operation, bei der 45.000 Mann in 72h von Texas nach Deutschland verlegt wurden im folgenden Video:
Brücke mit Tunnelblick
Noch einen Schritt weiter in die Gegenwart führt uns die nächste „Attraktion“. Über die geschwungene Fahrradbrücke wandern wir über die Rems und die Lebensader des Ostalbkreises, die B29.
Die B29 verschwindet dort im Einhorntunnel, Deutschlands teuerster Ortsumfahrung. Bei der Eröffnung wollte die Stadt sich modern zeigen und veranstaltete 2011 eine Online-Abstimmung zum zukünftigen Tunnelnamen. Allerdings war das Ergebnis nicht ganz im Sinne der Stadtväter. Der Erwin-Rommel-Tunnel holte eine respektable Anzahl an Stimmen, auf Platz 1 kam aber der Bud-Spencer-Tunnel, weit vor den favorisierten Optionen der Stadtoberen „Salvator-Tunnel“, „Staufer-Tunnel“ und „Einhorntunnel“.
Die Stadt erklärte daraufhin, man habe ja „nur ein Meinungsbild eingeholt“, die Entscheidung über eine so wichtige Frage könne man selbstverständlich nicht diesen Leuten im Internet überlassen. Allerdings war die Sache mittlerweile viral gegangen und der Tunnel war mittlerweile im Spiegel, in der Süddeutschen und allen anderen überregionalen deutschen Medien. Um sich aus der Affäre zu ziehen wurde daraufhin das Schwimmbad in Gmünd in „Bud-Spencer-Bad“ umbenannt. Der Star hatte dort 1951 als Schwimmer die 100m Freistil gewonnen.
Leonardsfriedhof
Seit ich vor 25 Jahren einen Freund auf dem Wiener Zentralfriedhof zur letzten Ruhe begleiten durfte, faszinieren mich Friedhöfe und bei Städtereisen gehört ein Besuch des Friedhofes zum festen Programm. Sei es der Cimetière du Père-Lachaise in Paris, der Friedhof von St. Sebastian in Salzburg oder der Cimitero acattolico mit der Pyramide des Caius Cestius in Rom, Friedhöfe sind nicht nur Orte der Erinnerung und der Trauer, sie bestechen auch oft durch eine morbide Schönheit.
Lange war mir nicht bewußt, dass wir auch in Gmünd ein solches Kleinod haben, aber der Friedhof von St. Leonhard gehört auf jeden Fall zu einer Stadtbesichtigung in Gmünd dazu.
Grabmale & Gräberfelder
Wenn man den Friedhof besucht kann man einfach die teilweise monumentalen Gräber bestaunen und die Inschriften studieren. Vom Eingang an der Kapelle aus betrachtet sollte man auf jeden Fall nach links gehen, wo man zuerst auf die Gräber der Franziskanerinnen mit ihren einheitlichen weißen Holzkreuzen trifft.
Kriegsgräber
Wenn man von dort aus weiter zur rückwärtigen Seite des Friedhofes läuft kommt man zu den Kriegsgräbern, die für die Gefallenen 1939-45 aus ebenfalls einheitlichen grauen Steinkreuzen und für die gefallenen 1914-18 aus schmucklosen grauen Grabsteinen bestehen.
In der Nähe befinden sich auch die Grabmale von 16 verstorbenen russischen Zwangsarbeitern. Insgesamt 480 Frauen und 525 Männer holte man aus Russland und der Ukraine als Zwangsarbeiter nach Schwäbisch Gmünd. Sie stellten die größte Gruppe unter den Zwangsarbeitern. Die meisten von ihnen wohnten im Lager „Freudental 24“ und arbeiteten bei den großen Gmünder Betrieben, den Leichtgusswerken Schenk oder der ZF. Aber auch viele kleinere Betriebe beschäftigten Zwangsarbeiter.
14 der Gräber tragen ein orthodoxes Kreuz mit drei Querbalken und bezeugen den russisch-orthodoxen Glauben der Verstorbenen, zwei Grabsteine tragen den muslimischen Halbmond.
Ebenfalls in diesem Bereich befindet sich das Kriegerdenkmal und das „Franzosenkreuz“ für die Gefallenen im deutsch-französischen Krieg 1870/71.
Wenn wir dann zur stadtzugewandten Seite des Friedhofes kommen sehen wir die Gräber der Gmünder Bürger. Der Friedhof wurde um das Jahr 1477 eröffnet, als mit den Neubau des Münsters der Friedhof auf dem heutigen Münsterplatz weichen musste. Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Dreifaltigkeitsfriedhof eröffnet, die meisten Gräber datieren daher aus dem 19. Jahrhundert und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Erhalten sind mondäne Grabanlagen wohlhabender Gmünder Bürger und es ist sehr spannend die Grabinschriften zu lesen und unter den hohen Kastanienbäumen durch die Reihen zu gehen.
Grabmal der Kaufmannsgemahlin Ernestine Benner (1793-1833) in Form einer Pyramide.
St. Leonhard & Herrgottsruhkapelle
Alle Gmünder kennen die beiden Kirchen am Rande des Friedhofes vom vorbeifahren. Die wenigsten Gmünder waren je in den beiden Kirchen. Leider sind beide auch die meiste Zeit verschlossen, was eine Schande ist, handelt es sich doch um beeindruckende architektonische Meisterleistungen. Die Leonhardskirche (umgangssprachlich „Leonhardskapelle“ wird dem Gmünder Münsterbaumeister Peter Parler zugeschrieben.
Herrgottsruhkapelle
Leonhardskapelle
Die Kapelle datiert auf das Jahr 1340/41. Es handelt sich um eine erstaunlich große Friedhofskapelle im typischen Stil der Gothik mit hohen, spitz zulaufenden Fenstern.
Sie dient der Kirchengemeinde St. Franziskus als Friedhofskapelle. Da sie meist verschlossen ist kann man das sehenswerte Innere nur selten bewundern. Im Spätbarock wurde die Kirche durch Stadtbaumeister Johann Michael Keller barockisiert und ist ein sehenswertes Kleinod des württembergischen Barocks.
Herrgottsruhkapelle
Die Herrgottsruhkapelle wurde als Einstieg in den Wallfahrtsweg auf den St. Salvator erbaut. Siehe hierzu meinen Wandertipp „Gmünder Kreuzweg“. Die Kapelle wurde 1622 im nachgotischen Stil an Stelle einer älteren Kapelle errichtet. Seit 1978 befindet sich die Kapelle im Besitz des Arbeitskreises Alt Gmünd. Als letztes Großprojekt des Vereins sanierte er die Kapelle 2021 bevor er aus Nachwuchsmangel die Tätigkeit mehr oder weniger einstellte.
Stadtmauer an der Honiggasse
Wir verlassen den Friedhof, überqueren die vielbefahrene Straße und tauchen ein in das Mittelalter. Begrüßt werden wir von einem Rest der äußeren Stadtmauer, errichtet vor 1350.
Der Befestigungsring umschloß die Altstadt und wurde von 24 Türmen beschützt. Im 19. Jahrhundert wurde der Mauerring größtenteils abgebrochen, Sechs der 24 Türme blieben erhalten, die wir auf unserer Wanderung besuchen werden: Faulturm, Wasserturm, Rinderbacher Torturm, Schmiedturm, Königsturm und Fünfknopfturm.
Honiggasse
Nachdem wir die Stadtmauer außen entlang gelaufen sind und deren Unüberwindbarkeit festgestellt haben laufen wir direkt nach der Stadtmauer rechts in die Honiggasse.
In dem schmalen Gäßchen können wir uns vorstellen wie Schwäbisch Gmünd im Mittelalter ausgesehen haben mag. Die Häuser trennen sich dicht an dicht, mit dem Rücken direkt an der Stadtmauer. Wir sehen viel Fachwerk, enge Türen und schmale Fenster, ein Schaufenster in das mittelalteralterliche Leben einer Reichsstadt.
Faulturm
Am Ende der Honiggasse versteckt sich der unscheinbarste Turm der Stadtmauer hinter den Häusern. Nur durch einen schmalen Weg kommen wir zu ihm und der eilige Passant, der seinen Blick nicht nach oben richtet, kann ohne weiteres an ihm vorbeilaufen ohne ihn zu bemerken. Der Turm wurde vor 1350 errichtet, eine genauere Datierung ist unmöglich, da der 20m hohe Turm 1969 komplett ausbrannte. Besonders ist, dass es sich um einen Schalenturm handelt. Er besteht nur an drei Seiten aus Mauerwerk, die vierte, zur Stadt gerichtete Seite ist hohl und wurde mit Holz ausgebaut. Seit 1952 beherbergt der Turm die St. Georgs-Pfadfinder von Schwäbisch Gmünd.
Schmiedturm
Weil man die Honiggasse mit Blick in beide Richtungen genießen sollte laufen wir den gleichen Weg zurück und folgen dem Verlauf der Stadtmauer dann in die andere Richtung, bis wir auf den Schmiedturm stoßen. Der Turm markiert den Eingang zu den Schmiedgassen und grüßt die von Osten kommenden Besucher mit seinem bunt eingedeckten Dach. Auch der Schmiedturm wurde vor 1350 errichtet und ist 32m hoch. Das oberste Geschoss mit einer Türmerwohnung wurde 1498 aufgesetzt.
Wasserturm
Der Wasserturm hat seinen Namen vom Höferlesbach, der früher unter dem Turm hindurch in die Stadt floss. Auch er wurde vor 1350 erbaut, die Dachbalken datieren auf das Jahr 1409 und 1489, er ist 26m hoch. Der Wasserturm ist das Heim des Pfadfinderstamms Einhorn.
Rinderbacher Torturm
35m hoch bildet der Rinderbacher Torturm die südöstliche Ecke der Stadtbefestigung. Die hellen Steine in der Fassade zeugen davon, dass Türme durchaus einen wehrhaften Zweck erfüllten. Hier schlugen während einer Belagerung der Reichsstadt Gmünd im Schmalkaldischen Krieg Kanonenkugeln ein.
Hoch oben sind zwei steinerne Wappen angebracht, die mittlerweile teilweise zerstört sind. Links der Adler für das Heilige Römische Reich und rechts das Einhorn für Schwäbisch Gmünd.
Königsturm
Nun laufen wir durch die Rinderbacher Gasse zum höchsten der Stadttürme, dem Königsturm. Im Gegensatz zu den vorher besuchten Stadttürmen kann man den Königsturm besteigen.
Der Königsturm ist jünger als die anderen Türme, er wurde zwischen 1405 und 1407 erbaut und ist über 40m hoch.
Im 17. und 18. Jahrhundert wurde er als Gefängnis genutzt, im Untergeschoss zeugen noch Einritzungen an den Steinen aus dieser Zeit. Der Aufstieg lohnt sich, aufgrund der exponierten Lage am Fuße des Zeiselberges hat man aus der ehemaligen Wohnung auf der Turmspitze einen herrlichen Blick über Schwäbisch Gmünd. Der Turm ist Sonntags von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet und kann bestiegen werden. Er bietet eine tolle Aussicht auf Gmünd!
Der Königsturm 1864, dort wo auf dem Bild die Stadtmauer an den Turm stößt, an der heutigen Rosenstraße, sieht man noch heute an den Steinen der Fassade wie hoch und dick die Stadtmauer war.
Schwäbisch Nazareth
Nachdem wir nun die mittelalterliche Stadtbefestigung ausführlich erkundet haben widmen wir uns nun dem geistlichen Leben in Schwäbisch Gmünd. Wir werden nicht alle Klöster der Freien Reichstadt besuchen, dafür sind es zu viele und für ein ehemaliges Kloster braucht es sogar eine Verurteilung, mag man heute hineinkommen.
Die Liste der Gmünder Klöster ist lang:
- Augustinerkloster (1284-1803, heute Finanzamt und Ev. Augustinuskirche)
- Dominikanerinnenkloster (1240-1803, heute Frauenjustizvollzugsanstalt Gotteszell)
- Dominikanerkloster (1294-1802, heute Prediger, Museum und Veranstaltungsraum)
- Franziskanerinnenkloster St. Ludwig (um 1400 – nach 1838, heute Klösterlesschule und Volkshochschule)
- Franziskanerkloster (1222-1822, heute katholisches Gemeinde- und Verwaltungszentrum Franziskaner)
- Fulradszelle (um 782, Lokalisierung unbekannt)
- Heiliggeistsspital (schwäbisch: „Spitäle“, Brüder vom Orden des Heiligen Geistes, seit 1269)
- Kapuzinerkloster (1644-1810, heute Institut für soziale Berufe St. Loreto)
- Kollegiatstift Unserer Lieben Frau (1761-1803, heute „Kapitelshaus“, Münsterplatz 7, Münsterarchiv)
- Franziskanerinnen der ewigen Anbetung (in Nachfolge der Vinzentinerinnen von Untermarchtal 1902 – heute, ehemals im „Canisiushaus“, jetzt im Klosterneubau zwischen Margaritenheim und Bahntrasse
Franziskaner
Das Franziskanerkloster wurde vermutlich vor 1250 gegründet und war in den ersten Jahrhunderten seines Bestehens ein bedeutendes Kloster. 1495 fand hier das Provinzkapitel der süddeutschen Franziskanerprovinz statt. Die Bedeutung ging aber bereits im beginnenden 16. Jahrhundert zurück, das Kloster besaß damals „nur“ noch 135 Hektar, die Fläche zweier durchschnittlicher heutiger Landwirtschaftlicher Betriebe. Dazu kam, dass der protestantische Schmalkaldische Bund 1546 nicht nur die Stadt, sondern auch das Kloster plünderte.
Mit dem Ende der Freien Reichsstadt endete auch die Zeit des Klosters, das klösterliche Gymnasium wurde staatlich, das Kloster geschlossen. 13 Franziskaner lebten noch bis 1822 als Genossenschaft in der Stadt. Alle Prozessionen, mit Ausnahme der an Karfreitag, wurden den Franziskanern verboten, ebenso das Lesen der Messe und karitative Aufgaben wie die Gabe von Almosen und die Pflege von Alten und Kranken. Der letzte Gmünder Franziskaner starb 1858 als Pensionär in Ellwangen.
Das Kloster beherbergt heute verschiedene katholische Verwaltungseinrichtungen. Besucht werden kann die Kirche, die einen bunten Streifzug durch die Baugeschichte ermöglicht. Von außen ist das Gebäude mit den engen Fenstern mit Rundbögen klar als romanisch zu erkennen, allerdings wurde das Innere mit spitzen Kreuzbögen in den Stil der Gotik versetzt. Um 1723 barockisierte man die Kirche um dann schlussendlich 1751 einen Hochaltar im Stil des Rokoko einzubauen. Dieser Altar gilt bis heute als eines der bedeutendsten Zeugnisse des Rokoko in Süddeutschland. Eine tolle Kirche, deren Inneres man nicht erwartet, wenn man durch von außen auf die dicken Steinwände schaut.
Ott-Pauser’sche Fabrik
Wir machen auf der Zeitachse einen Sprung in die Gegenwart und kommen im Zeitalter der Industrialisierung an. Der Gmünder Goldschmied Nikolaus Ott eröffnete 1820 eine Werkstatt für „Bijouteriewaren“. Nach den Statuten der Zünfte durfte er als Goldschmied lediglich 3 Geseelen beschäftigten, doch die Zünfte waren im Niedergang und 1836 beschäftigte er bereits zwölf Arbeiter. Er sah in der industriellen und damit günstigen Fertigung einen Ausweg aus einer schweren Wirtschaftskrise durch wegbrechende Auslandsmärkte infolge der napoleonischen Kriege und der Konkurrenz aus der zweiten süddeutschen Gold- und Silberstadt Pforzheim.
1845 eröffnete er das heutige Gebäude und damit tatsächlich eine Fabrik des 19. Jahrhunderts mit einer Dampfmaschine als zentraler Kraftmotor.
Die Ott’sche Silberwarenfabrik erlebte ihre Blütezeit. Alleine nach Kuba (!) exportierte man 1860 Goldwaren im Wert von 200.000 fl., was einer heutigen Kaufkraft von ca. drei Mio. Euro entspricht. Man nahm an den großen Weltausstellungen in London, Paris, München und Wien teil
1928 übernimmt Joseph Pauser die Fabrik, was zum heutigen Namen führt. Allerdings übernahm er sie in schwerer Zeit. Die Weltwirtschaftskrise setzte der Firma zu und schließlich brachte das Geschäft am Ende des 2. Weltkrieges vollständig zum Erliegen. Auch das firmeneigene Gaswerk, mit dem aus Holz Gas erzeugt wurde brach als Umsatzbringer weg, nachdem die Stadt 1862 ein eigenes Gaswerk baute. Richtig erholt hat sich die Firma nie wieder und 1979 stellt man den Betrieb der völlig veralteten Fabrik ein.
Eine Bürgerinitiative und die Stadt Schwäbisch Gmünd richten ein Museum ein. Das Museum ist täglich außer Montags geöffnet, jeden Sonntag um 14 Uhr gibt es eine Führung.
Der Gmünder UNIMOG
Ausgestellt ist auch ein UNIMOG. Der wurde nämlich nicht in Stuttgart erfunden, sondern bei Erhard & Söhne in Schwäbisch Gmünd. Der ehemalige Leiter der Flugzeugmotorenkonstruktion bei Daimler-BenzHeinrich Rößler, kam ausgebombt nach dem Krieg auf einem Bauernhof in Radelstetten unter wo er der Kriegswitwe bei der Arbeit half. Albert Friedrich, ebenfalls Stuttgarter Flugzeugmotoren-Konstrukteur brachte die Idee auf, einen Allzwecktraktor für den Wiederaufbau des zerstörten Landes zu entwickeln.
Rößler kritzelt die Neukonstruktion auf ein Stück Papier: vier gleichgroße Räder, Rahmenträger, Frontlenker, Pritsche: ein Mythos war geboren.
Nachdem man die Prototypen bei Erhard & Söhne gebaut hatte, lagerte man die Serienfertigung aus Platzmangel zur Firma Böhringer nach Göppingen aus. Für eine wirtschaftliche Produktion musste man aber mindestens 41 Fahrzeuge im Monat herstellen. Die damit verbundene gewaltige finanzielle Investition wollte man in Göppingen nicht eingehen und so wurde man sich 1950 mit Mercedes einig und die Unimog rollten fortan im Gaggenauer LKW-Werk vom Band.
Kornhaus
Wenn wir aus dem Fabrikmuseum treten blicken wir auf das 1507 errichtete Kornhaus. Es diente der gesetzlich geregelten Pflicht der Freien Reichsstätte Getreide in Friedens- und Kriegszeiten zu bevorraten. Es ist neben der Grät (neben dem Rathaus am Marktplatz) und dem Amtshaus des Spitals, ebenfalls am Marktplatz eines der drei großen Fachwerkhäuser der Stadt. Es eignet sich wunderbar dazu Kindern die Fachwerkbauweise zu erklären.
Zeiselberg
Wow, was für eine Wanderung! Es wird dringend Zeit für einen Biergarten! Wir steigen ein paar Meter hinauf auf den Zeiselberg, wo ein ebensolcher zur Rast einlädt. Die Kinder können auf einer riesigen Rutsche toben und gemeinsam kann man von einer Aussichtsplattform die Innenstadt überblicken.
Josefsbach
Der Name Gmünd leitet sich von „Gemünde“, der Mündung vieler Bäche in die Rems ab. Zwei davon haben wir heute schon kennengelernt: der Höferlesbach, der unter dem Wasserturm in die Stadt floss und der der Rinderbach, der das unter dem Rinderbacher Torturm tat.
Nun lernen wir einen weiteren kennen, der Josefsbach, der aus dem Zusammenfluss des Bettringer und Waldstetter Bachs entsteht begleitet uns bis zur Rems hin. Wie ein grünes Band beginnt er gleich unterhalb des Zeiselbergs und bietet einen wunderschönen Spazierweg mitten durch die Stadt.
Josefsanlage & Josefskapelle
Gleich zu Beginn überqueren wir den Josefsbach über eine Seilbrücke um auf der anderen Seite einen kleinen Abstecher zur Josefskapelle zu machen. Sie wurde nach dem Vorbild der Herrgottsruhkapelle am Leonardsfriedhof geschaffen, ist im Gegensatz zu dieser aber in der Regel geöffnet.
Zurück am Josefsbach
Das Grüne Band wandern wir weiter bachabwärts. Rechter Hand kommen wir an den Gärten der Partnerstädte Gmünds vorbei, die einen kurzen Besuch abgestattet bekommen. Der Barnsley Garden der britischen Partnerstadt ist mit dem roten Telefonhäuschen am Eingang schon von Weitem zu erkennen.
Auf unserem Weg kommen wir auch an zwei tollen Spielplätzen vorbei. Es gibt einen Wasserspielplatz und ein wirklich großes Klettergerüst in der Köhleranlage, dass man gesichert durch Netze besteigen kann.
Stadtgarten
Auf Höhe der Bocksgasse überqueren wir über den Kroatensteg den Josefsbach ein weiteres Mal und kommen nach wenigen Schritten in den Stadtgarten mit dem Rokoko-Schlößchen. Die Rasenflächen laden zum toben oder zu einer Rast ein, der Park ist ein wunderschönes Kleinod!
Remsstrand am Forum
Über eine Brücke überqueren wir die Rems und werfen einen Blick auf den „Goldwürfel“, das architektonisch moderne „Forum Gold & Silber“ am Remsstrand. Am Remsstrand selbst laden Strandkörbe und Bänke zum Verweilen ein, die aber meist sehr belagert sind.
Wir überqueren daher die Rems noch einmal und laufen am Forum Gold & Silber vorbei auf der anderen Seite des Josefsbachs zum letzten Wehrturm der Stadtmauer.
Fünfknopfturm
Der Fünfknopfturm ist der jüngste der erhaltenen Stadttürme und wurde zwischen 1423 und 1425 erbaut. Er ist fünfeckig, auf der Stadtseite gerade, während er sich auf der stadtabgewandten Seite wie ein Schiffsbug von der Stadt abwendet. Seinen Namen hat er von den fünf knopfartigen Aufsätzen, drei auf der stadtabgewandten Seite auf kleinen Erkern und zwei auf der Stadtseite auf dem Walmdach.
Bis 2003 war der Turm als Wohnung vermietet, seitdem können Besuchergruppen den Turm besteigen, seit 2023 auch wieder ohne Voranmeldung Sonntags von 11.00 bis 17.00 Uhr!
Augustiner
Wir laufen weiter den Josefsbach entlang und biegen dann in die Bocksgasse ab. Nach kurzer Zeit geht es rechts in die Augustinusstraße und wir sind im nächsten Kloster des Stadtrundgangs, dem „Augustiner“. Das Kloster beherbergt heute das Finanzamt, welches sich leider nicht mehr mit dem Zehnten zufrieden gibt, weshalb wir diesen Teil des Klosters meiden. Einen Besuch statten wir hingegen der ehemaligen Klosterkirche ab.
Die ursprüngliche Klosterkirche des Augustiner-Emeritenordens entstand vermutlich kurz nach 1308. Im Jahr 1432 wurde der Chor neu erbaut, die Kirche war zu dieser Zeit ein spätgotischer Bau von dem heute keine Merkmale mehr zu erkennen sind. Ab 1756 wurde die Kirche umgebaut und dabei teilweise abgebrochen. In dieser Form sehen wir sie noch heute. Die barocken Fresken zeigen hauptsächlich Szenen aus dem Leben des Hl. Augustinus.
1803 wurde das Kloster im Zuge der Säkularisierung aufgehoben und musste geräumt werden. 1806 wurde die bis dahin katholische Kirche per Dekret zur evangelischen Garnisionskirche und ab 1817 zur evangelischen Stadtkirche.
Heilig-Kreuz-Münster
In direkter Nachbarschaft zur evangelischen Stadtkirche steht „das Münster“, offiziell Heilig-Kreuz-Münster, die größte Gmünder Kirche. Sie wurde ab 1320 als gotischer Kirchenbau errichtet und ist das Ausgangswerk der bedeutenden europäischen Baumeisterfamilie der Parler (Ulmer Münster, Freiburger Münster, Basler Münster, Straßburger Münster, Veitsdom und Karlsbrücke Prag, Dom der Heiligen Barbara Kuttenberg, Stephansdom Wien, Krakauer Rathaus, St. Sebaldus Nürnberg, etc.).
Das Langhaus des Münsters war bereits nach 21 Jahren, 1341 fertig. Jedoch stürzten die beiden Türme des Münsters ein und der Bau zog sich schließlich bis ins Jahr 1521 hin.
Der Bau
Das Münster war nicht die erste Kirche an dieser Stelle. Zuvor stand an dieser Stelle eine romanische Kirche mit Zwillingstürmen, von Größe und Anordnung der Gmünder Johanniskirche wohl ähnlich.
Nach dem Bau des Langhauses von ca. 1325 bis 1341 wurde 10 Jahre später, am 17. Juli 1351 mit dem Bau des Chors zwischen den bestehenden Zwillingstürmen begonnen. Der Bau des Chores war 1381 abgeschlossen. Bis ca. 1410 dauerte der Innenausbau des Chores an. Das Münster verfügte damals über eine Holzdecke.
Das steinerne Gewölbe, die Einwölbung, erfolgte erst in den Jahren 1491-1504. Dabei entfernte man einen Bogen, der die Zwillingstürme verband, aber die Sicht in den Turm versperrte. In der Karfreitagsnacht 1497, am 24. März, geschah das Unglück: beide Türme stürzten ein. Für einen Wiederaufbau der Türme fehlte der Wille, daher wird bis heute ein Glockenturm verwendet der neben dem Münster steht und wesentlich niedriger ist als das Langhaus.
Glockenturm des Münsters
Die Kirche
Die Kirche ist als Hallenumgangschor gebaut. Alle drei Schiffe, Hauptschiff und Seitenschiffe, sind gleich hoch und man kann im Seitenschiff den Chor umrunden. Das Chorgestühl stammt aus dem Jahr 1550, leider nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil durch einen modernen „Volksaltar“ aus einem Baumstamm verschandelt.
Neben dem Hauptaltar befinden sich im Umgang weitere Altäre von denen einige kunsthistorisch wertvoll sind. Die zweite Kapelle im südlichen Kapellenkranz (Blick zum Altar links) beherbergt seit 1850 den Sebaldusaltar aus der Werkstatt Albrecht Dürers
Der Sebaldusaltar mit den Bildtafeln aus der Werkstatt Albrecht Dürers
Chorscheitelkapelle
An der Spitze der Kirche, hinter dem Hochaltar befindet sich die Chorscheitelkapelle mit einer Darstellung des Heiligen Grabes aus der Hütte der Familie Parler von etwa 1350. Genau gegenüber befindet sich an der Rückseite des Hochaltars eine Ölbergdarstellung. Am Heiligen Grab findet übrigens zur Osternacht immer frühmorgens eine Andacht statt, die sehr wenig besucht, aber sehr schön ist. Den Großteil der Besucher stellen die Vinzentinerinnen vom Heiligen Paul.
Kollegiatstift Unserer Lieben Frau
Der Gmünder Komplex des Zentralismus ist kein neuer, er bestand offenbar schon im 18. Jahrhundert. Damals war der Klerus in Gmünd und Umgebung im Landkapitel Schwäbisch Gmünd, einer genossenschaftlichen Organisation, zusammengefasst. 1753 wurde dann der Schechinger Dorfpfarrer zum Dekan gewählt. Das wiederum kränkte die Gmünder Seele offenbar so sehr, dass man sich vom Landkapitel lossagte, eine Priesterbruderschaft, den Kollegiatsstift gründete, die Stadtkirche in eine Stiftskirche umwandelte und fortan wieder selbst der Herr im Hause war.
Dieses Vorgehen stieß bei der Dorfbevölkerung auf massiven Widerstand, die Stadt stellte sich jedoch hinter ihre Kirche, erwartete man doch auch eine Aufwertung der Reichsstadt. UND WIR LASSEN UNS DOCH NICHT VOM SCHECHINGER DORFPFARRER REGIEREN!!!!!! Schließlich musste sogar der Augsburger Bischof anreisen um den Streit zu schlichten. Am Ende setzten die Gmünder ihren Willen durch und bekamen ihren Stift. Dieser blieb bis zur Säkularisierung 1803 bestehen.
Ehemaliges Kollegiatstift Schwäbisch Gmünd (rechts) am Münsterplatz
Entdeckungen
Neben den kunsthistorisch und architektonisch wertvollen Dingen bietet das Gmünder Münster aber auch Raum für eine große Entdeckungsreise, die man natürlich einem Gotteshaus angemessen leise durchführen sollte.
Kinder entdecken unzählige Kleinigkeiten und man kann viele Dinge bestaunen. Das Lichtspiel der Sonne in den Bleiglasfenstern, die behauenen Steine und die Frage wie sie wohl damals nach oben in das Gewölbe kamen. Viele kleine Figuren, Details der Steinmetzarbeiten und eine der wunderbarsten Orgeln Deutschlands.
Da wir als nächstes die Johanniskirche besuchen eignet sich der abschließende Rundgang um die Kirche gut dazu den Kindern den Unterschied zwischen Romanik und Gotik näherzubringen.
Spickzettel Romanik vs. Gotik
Romanik | Gotik |
ca. 1000 – 1250 n. Chr. | 1140 – ca. 1550 n. Chr. |
dicke, massive Gebäude, wirken sehr „erdverbunden“ | hoch aufstrebende Gebäude, strecken sich dem Himmel entgegen |
Tonnengewölbe | Kreuzrippengewölbe |
Dicke Säulen | Dünne Säulen |
Massive, dicke Türme | Hohe, spitze Türme |
Runde Fenster und Türen | Spitze Fenster und Türen |
Klosterartig | Schlossartig |
Schlicht, einfache Figuren, oft zweidimensional | Reich verziert, viele Bilder und Figuren |
Prediger
Nachdem wir das Münster zum Abschluss umrundet haben und den kleinen Glockenturm der großen Kirche gefunden haben wandern wir hinüber zum Johannisplatz. Vor wir die romanische Johanniskirche betreten können wir noch dem Prediger einen Besuch abstatten. Das ehemalige Dominikanerkloster beherbergt unter anderem das städtische Museum. Dieses bietet einen Rundgang durch die Stadtgeschichte. Römer, Staufer, Mittelalter, daneben die Kirchenschätze des Franziskaner und des Münsters bis hin zu Gegenwartskunst.
Ausstellungen
Es gibt drei verschiedene Bereiche, für die man sich entscheiden kann: die Dauerausstellung, die Schatzkammer und die Sonderausstellung.
Die Sonderausstellung würde ich mit Kindern weglassen. Aktuell wird „Stadt – Land – Akt. Der Maler Hans Bucher aus dem Donautal“ gezeigt.
Die „Schatzkammer“ zieht alleine des Namens wegen, zumindest bei meinen Kindern. Man darf aber nicht zu viel erwarten, es handelt sich „lediglich“ um eine Kopie der Reichsinsignien des Heiligen Römen Reiches Deutscher Nation, deren Originale in Wien verwahrt werden. Sie bestehen aus dem Krönungsmantel, der Kaiserkrone, dem Reichsapfel, den Reichshandschuhen und dem Reichsschwert.
Dauerausstellung
Was man in jedem Fall besuchen muss ist die Dauerausstellung. Die Sammlung führt über zwei Etagen in einem chronologisch angelegten Rundgang durch alle Epochen der Stadtgeschichte Schwäbisch Gmünds und ermöglicht eine Zeitreise durch Kunst und Kultur: von einer Replik der Figur des „Löwenmenschen“ und Funden der Römerzeit über eine staufische Madonna bis zu Grafik von Albrecht Dürer und Hans Baldung Grien; von Elfenbeinarbeiten Johann Michael Mauchers und Porträts des spätbarocken Malers Johann Georg Strobel bis zum Kirchenschatz des Heilig-Kreuz-Münsters; von der Malerei und Skulptur des 19. Jahrhunderts bis zur Kunst der Gegenwart.
Erwachsenen lernen etwas und Kinder finden es sehr spannend, ich empfehle den Besuch in jedem Fall!
Johanniskirche
Die Johanniskirche wird nicht mehr als Kirche genutzt, sie dient als Lapidarium (Skulpturensammlung) für das Münster. Die Bauzeit lag vermutlich zwischen 1210 und 1230. Der Turm mit seinen bunten Dachziegeln wurde vermutlich zwischen 1240 und 1250 gebaut und fällt damit in die Frühgotik. Er wurde erst später, Ende des 19. Jahrhunderts, mit der Kirche verbunden. Er ist mit 48m das höchste Gebäude Schwäbisch Gmünds. Der Turm ist schief und neigt sich einen Meter aus seiner Längsachse. Von der Aussichtsplattform auf dem Zeiselberg ist das gut zu erkennen. Der Eintritt in die Kirche ist frei, gegen eine kleine Gebühr kann der Turm der Johanniskirche bestiegen werden.
Die steinernen Wasserspeier aus dem Münster in den Seitenschiffen sind neben der Turmbesteigung die Attraktion für Kinder.
Marktplatz
Nach den vielen Kirchen und Klöstern schauen wir uns den Marktplatz an. Ein tolles Ensemble mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Baukunst.
Grät
Bemerkenswert ist die Grät, ein Fachwerkhaus neben dem Rathaus, dass im Mittelalter als Kaufhaus diente. An der Fassade findet man ein Relief zum Gedenken an die Staufer und das Dreikönigsrelief, dass daran erinnert, dass die Gebeine bei der Überführung von Mailand in den Hohen Dom zu Köln eine Nacht in der Stauferstadt gelagert wurden. Es stammt um die Zeit von 1500.
In der Grät befindet sich das Panoramamuseum (Eintritt frei), in dem man das Stauferrundbild von Hans Kloss besichtigen kann. Zur Aufführung der Staufersage 2012 porträtierte Kloss über 850 Gmünder Laienschauspieler und arbeitete sie in ein Rundbild zur Geschichte der Staufer mit den beeindruckenden Maßen von 17 x 2,8m ein.
Hans Kloss
Der „Gmünder Stadtmaler“ Hans Kloss (1938-2018) widmete einen bedeutenden Teil seines Schaffens der Stadt Gmünd. Neben dem Staufer-Rundbild kann man im Museum in der Grät das „Schwäbisch Gmünder Epos“ mit fünfzehn großformatigen Bildern, die Kloss anlässlich des 850. Stadtjubiläums im Jahre 2012 malte bestaunen. Daneben das „Irene-Triptychon“ zum Gedenken an den 800. Todestag von Königin Irene von Byzanz im Jahre 2008 im ehemaligen, original erhaltenen Atelier des Künstlers und „Die Heiligen Drei Könige“ gegenüber des Eingangs in einem tresorartigen Raum, die mit dem Schwäbisch Gmünder Epos entstanden. Ergänzt wird die Gmünder Sammlung durch „Ein Raum voller Bilder“ mit achtzig Bildern, Drucken und Grafiken von Hans Kloss im Vorraum des Museums, der 2022 neu gestaltet wurde.
Die Grät (links), eines der drei großen Gmünder Fachwerkhäuser mit einer beeindruckenden Geschichte
Ein Ausschnitt aus einem der 15 Bilder des „Schwäbisch Gmünd Epos“ zum 850. Stadtjubiläum mit der Remsbahn vor dem Salvator
Das Staufer-Rundbild von Hans Kloss
Fast jeder Gmünder dürfte jemanden der 850 Gmünder kennen, die Hans Kloss hier portraitiert hat.
Mohren-Apotheke
Ebenfalls anschauen sollte man sich die (ehemalige) Mohren-Apotheke mit den beeindruckenden Fassadenmalereien
Spitäle
Das dritte große Fachwerkhaus auf unserer Rundwanderung ist das Amtshaus des Hospital zum Heiligen Geist, im schwäbischen kurz „Spitäle“ genannt. Bis zu seiner Schließung 1984 galt das 1269 gegründete Krankenhaus als das älteste bestehende Krankenhaus Deutschlands.
Im 16. Jahrhundert war das Spital der Brüder vom Orden des Heiligen Geistes der größte Grundbesitzer der Stadt und der Einfluss der katholischen Brüder so groß, dass Gmünd in der Reformationszeit katholisch blieb.
Das Krankenhaus war durch seinen Grundbesitz bis 1951 Selbstversorger, zu diesem Zweck behielt man bis in die 1950er-Jahre die Spitalscheuer auf dem Gelände. Die Spitalmühle existiert noch heute im Innenhof des Komplexes.
Man sollte auf jeden Fall einen Blick in die Stadtbücherei werfen, die im ehemaligen Amtshaus untergebracht ist und in den 1990er Jahren wunderbar renoviert wurde.
Fehrle-Steg
Die Rems mit dem Wehr und einer Bailey-Behelfsbrücke war jahrzehntelang ein Schandfleck zwischen der „Bierakademie“ (um die es wirklich Schade ist!) und dem Bahnhofshotel nebst der vielspurigen B29 Ortsumfahrung (um die es gar nicht Schade ist). Zur Gartenschau in Gmünd baute das die Fachgruppe Brückenbau des THW Pfedelbach die Behelfsbrücke ab. Ersetzt wurde sie durch eine geschwungene Hängebrücke, die uns zurück zum Bahnhof bringt. Die Rems wurde renaturiert und man kann in diesem Bereich Enten und Schwäne bei ihrem Tagwerk beobachten.
Bahnhof
Wie es Bahnhöfe dieser Tage so an sich haben ist auch der Gmünder Bahnhof hinter seiner schicken Fassade kein besonders toller Ort, aber für die Entwicklung der Industriekultur in unserer Region maßgeblich. Erst durch die Remsbahn, die 1858 Gmünd erreichte und das Remstal bis Wasseralfingen an Stuttgart anband wurde die Industrialisierung möglich. Daran erinnert der Bahnhof im Neoklassizistischen Stil noch heute.
Geschafft!
Wow, was für eine Wanderung! Wer es bis hierher geschafft hat, hat wirklich einen Großteil von Gmünd an einem Tag gesehen. Es gäbe da noch ein paar Orte, die ich teilweise auch in anderen Ausflugstipps beschreibe, aber wir haben wirklich die meisten Sehenswürdigkeiten der altehrwürdigen Stauferstadt abgeklappert. Wie hat es Dir gefallen? Schreib es in die Kommentare!
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