#067 HW 1 Etappe Christgarten – Aalen
Die zweite Etappe führt vom Rand der Riesalb hinauf auf das Härtsfeld, entlang des Nördlinger Rieses geht es über die Landesgrenze nach Baden-Württemberg. Über Flochberg, Bopfingen und Aufhausen geht es am Nordrand des Härtsfeldes enlang nach Aalen.
INFO
Ich bin den Schwäbischen-Alb-Nordrandweg mit Zelt (Tarp) und Spirituskocher gelaufen. Das Ende jeder Tour war also flexibel. Der Bericht richtet sich vor allem an Wanderer, die ähnliches vorhaben. Mehr zur Planung und eine Auflistung der schönsten Biwakplätze, die ich gefunden habe findest du unter „Fernwandern am Albsteig„.
Ich fand die zweite Etappe nicht sonderlich überzeugend. Viele lange Strecken auf schnurgeraden Schotterstraßen. Als Einzelwanderung eignet sie sich daher meiner Meinung nach nicht. Wer auf dem HW 1 fernwandern möchte, der sollte meiner Meinung nach trotzdem den kompletten Weg laufen.
GPX-Datei
HW 1 (Albsteig) Etappe 2
Eine .gpx-Datei (GPS Exchange Format) ist ein Format zur Speicherung von Geodaten. Diese Datei enthält die Tour-Route und kann in alle gängigen Wander-Apps importiert werden. Ich empfehle die Nutzung von komoot.
Ein feuchter Start
Gegen 5 Uhr weckte mich ein keckernder Fuchs. Diese Geräusche geben die Tiere ab, wenn sie z.B. mit Artgenossen aneinandergeraten. Die Sonne ging im August gegen 6 auf, es war bewölkt und unter dem dichten Blätterdach des Mischwaldes war die Hand vor Augen nicht zu sehen. Dennoch entschloss ich mich abzubauen und zu packen um direkt beim ersten Morgengrauen weiterzuwandern. Kaum hatte ich jedoch das Tarp abgehängt goss es urplötzlich wie aus Kübeln. Der für 22 Uhr des Vorabends annoncierte Regen kam doch noch. Bevor ich im Dunkeln mich selbst in Regenklamotten und mein „Bett“ mit dem Tarp schützen konnte war meine Ausrüstung komplett nass. Ich stand dann noch eine Viertelstunde in Regenkleidung neben mienem abgedeckten Material in der Nacht herum, vor der Regen sich wieder legte und ich meine nassen Sachen einpacken konnte.
Mein Schlafplatz bei Regenwetter: unten die Nässeschutzplane der Bundeswehr („Elefantenhaut“), darüber eine günstige Isomatte mit kleinem Packmass von Alpenwert. Oben drüber ein Tarp (2,00×2,50m). Der Rucksack ist bei Regenwetter zusätzlich mit seinem Raincover geschützt und findet auch unter dem Tarp Platz. Dazu kommt als leichter Sommerschlafsack (600g) der McKinley x-treme light 600.
Christgarten
Nach dem Abstieg zurück auf den HW 1 erreichte ich nach kurzer Zeit Christgarten. Vom ehemaligen Kathäuserkloster ist noch die Klosterkirche erhalten sowie die Ruinen der Kapelle über der früher vermutlich das Refektorium lag. Die Kirche war zu der frühen Stunde noch verschlossen, also machte ich mich auf den Weg Richtung Bopfingen.
Wildgatter
Direkt hinter dem Kloster beginnt das Wildgatter Christgarten. Das rund 700ha große Jagdgatter derer von Oettingen-Wallerstein beherbergt Damwild und Wildschweine. Das Schwarzwild wird nur auf den fürstlichen Treibjagden im Herbst bejagt, daher zeigen die Schweine relativ wenig Scheu vor dem Menschen und sind auch tagsüber zu sehen. Im Gatter geht es steil hinauf, wir verlassen die Riesalb und erreichen das Härtsfeld.
Ohrengipfel
Kurz hinter dem Wildgatter überschreite ich die Grenze zu Baden Württemberg. Auf den bereits bekannten Schotterwegen geht es hinauf auf den Ohrengipfel, einen 652m hohen Berg bei Riesbürg. Berühmt ist der Berg dafür, dass über ihn die Schweden im dreisigjährigen Krieg zur kriegsentscheidenen Schlacht von Nördlingen zogen und dort mächtig auf die Mütze bekamen. Ansonsten ist das „Gipfelchen“ relativ unspektakulär, aber der erste echte Gipfel auf unserer Wanderung! Im Jahr 1900 wurde auf dem Gipfel eine Aussichtsplattform errichtet mit der man nach Norden das Ries bewundern konnte, im Süden reichte die Sicht bis zum Wetterstein-, Karwendel- und Kaisergebirge. Nachdem der Wald die Plattform überwuchert hatte wurde sie inzwischen abgebaut.
Mutterbuche
Kurz vor Bopfingen und Flochberg komme ich an der „Mutterbuche“ vorbei. Woher der eindrucksvolle Solitärbaum seinen Namen hat weiß ich nicht, jedenfalls ist in seinem Schatten ein schöner Rastplatz mit einem Bildstock des Heiligen Hubertus eingerichtet. Die überdachte Sitzgelegenheit eignet sich nur bedingt als Biwakplatz, ist aber ein schöner Rastplatz bevor es hinab ins Dorf geht.
Flochberg & Bopfingen
Flochberg wird überragt von einer romantisch anmutenden Ruine auf dem Schlossberg. Über Bopfingen trohnt der kahle Ipf, der einst ein keltischer Fürstensitz war. Beide Berge liegen nicht auf dem Hauptwanderweg 1, wer einen Abstecher dorthin machen möchte kann das aber mit wenig Umweg realisieren. Die Runde und Sehenswürdigkeiten sind in der Wanderung „Der Ipf: Berg der Kelten“ ausführlich beschrieben.
Darüber hinaus kann man aber Bopfingen sehr gut nutzen um seine Vorräte aufzustocken. Mit einem kleinen Umweg durch die Stadtmitte hat man einen kleinen Supermarkt (Norma), Bäcker, Metzger und eine Auswahl an Gasthäusern. Ich selbst habe im Biergarten der „Sonne“ etwas gegessen und kann das Wirtshaus empfehlen.
Sandberg, Aufhausen & die Egerquelle
In Bopfingen war ich angefressen und fertig. Alles tat weh und vor allem: scheiß Premiumwanderweg! Stundenlang auf Schotterwegen durch den Fichtenacker latschen, was für ein Bullshit! Das sollte jetzt besser werden. Den Berg hinauf verlies ich Bopfingen auf den Sandberg. Auf schmalen Pfaden ging es um einen beeindruckenden Steinbruch in dem man die mächtige Weißjuraschicht bestaunen kann.
Nach dem Sandberg geht es hinab wo wir am Rande des Dörfchens Aufhausen herauskommen. Der HW 1 folgt dort dem Verlauf der Eger bis zu ihrer Quelle. Die Karstquelle des kleinen Wörnitz-Zuflusses ist ein netter Ort für eine Rast, bevor es wieder hinauf auf das Härtsfeld geht.
Kapfenburg
Zurück auf dem Härtsfeld sind wir wieder überwiegend auf Schotterstraßen unterwegs. Gefühlt zieht es sich sehr lange durch den Wald nach Westen, Allen zu, obwohl es ziemlich ebenerdig dahin geht. Endlich tritt man aus dem Wald heraus und erblickt in der Ferne Schloss Kapfenburg! Die ehemalige Burg des Deutschen Ordens wurde unter dem Ordensritter Johann von Hohenlohe ab 1538 von der mittelalterlichen Wehrburg zu einem repräsentativen Schloss umgestaltet. Heute behergert die Kapfenburg die „Stiftung Internationale Musikschulakademie Kulturzentrum Schloss Kapfenburg“. Daher kann man das Schloss nicht besichtigen. Die Innenhöfe und der ehemalige Wehrgang um das Schloss sind aber frei zugänglich und können bestaunt werden.
Herbergssuche
Von der Kapfenburg aus verläuft der HW 1 auf einem gut frequentierten Fahrradweg, der die übliche Schotterpiste noch nerviger macht als schon gewohnt, da Fahrräder heutzutage keine Klingel mehr besitzen und man erschrickt, wenn sie mit 25km/h elekrobetrieben von hinten heranrauschen. Nachdem ich die A7 überquert hatte begann ich mit der Herbergsuche. Vorteil der Strecke ist, dass es einige Schutzhütten gibt, die eine Übernachtung erlauben.
Wöllerstein
Eine unerwartete Überraschung erlebte ich dann noch, als der HW 1 für einige hundert Meter die Fahrrad-Autobahn verlies um über den Wöllerstein zu führen. Der Gipfel an sich ist wenig spektakulär, aber sehr liebevoll gestaltet. Wer auch immer dafür verantwortlich zeichnet: ganz herzlichen Dank! Es gibt eine Schutzhütte, die man fast schon Biwakschachtel nennen kann, ein Gipfelkreuz und ein Gipfelbuch. Wirklich toll gemacht!
Hundshülbhütte
Ich entschied mich letztlich für die Hundshülbhütte, wenn auch mit einem etwas schlechten Gefühl. Es war noch hell und die Fahrrad-Autobahn direkt vor der Hütte war gut frequentiert. Da ich mein ganzes Zeug zum trocknen aufhängen musste sah die Hütte bald wie ein Zigeunerlager aus und ich erwartete, dass demnächst der Förster oder ein Jäger auf der Matte stehen würde. Stattdessen gab es einige nette Gespräche mit neugierigen Radfahrern und letztlich hatte ein Leser von www.ostalbwanderer.de sogar noch eine Überraschung für mich in der Nähe der Hütte versteckt. Danke Carsten!
Resümee
Auch diese zweite Etappe überzeugte mich noch nicht davon, mich auf einem „Premiumwanderweg“ zu befinden. Es gab zwischendurch sehr schöne Streckenabschnitte, aber auch lange öde Abschnitte. Dazu kamen die Schmerzen in Beinen und am Rücken. „Am dritten Tag wird das besser“ hatten mir mehrere Leute gesagt. Am Abend des zweiten Tages wollte ich das noch nicht glauben. Ich hatte offene Blasen an beiden Sprunggelenken, etwas das mir noch nie passiert ist. Aber ich habe auch schon lange nicht mehr so stark und so lange geschwitzt wie in diesen 5 Tagen im August 2024. Mir lief quasi den ganzen Tag der Schweiß und entsprechend nass waren meine Socken in den Bergstiefeln.
von Markus Weber
Markus Weber, der "Ostalbwanderer" bloggt seit 2023 über das Wandern mit Kindern auf der Schwäbischen Alb und dem Schwäbisch-Fränkischen Wald. 2024 wurde er vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg und den Baden-Württembergischen IHK als "Tourismusheld 2024" ausgezeichnet.
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HW 1: Der Alb-Nordrand-Weg
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Fernwandern am Albsteig
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